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Die Umwandlung des Den Haager Hudson’s Bay

Mittwoch 12. Jul 2023

Was kann man mit einem großen monumentalen Warenhaus anfangen, das eine erstklassige Lage mitten in der Innenstadt hat, aber komplett leer steht? Warenhäuser so wie das V&D, das Konkurs anmelden musste oder das kanadische Hudson‘s Bay, was sich aus den Niederlanden zurückgezogen hat. Neue und bedeutend kleinere Geschäfte etablieren sich dafür umso besser auf Straßenniveau. Doch auch die oberen Geschosse der ehemaligen Kaufhäuser müssen gefüllt werden. – Mit einem Hotel, Büro – und/ oder Wohnraum? Oder gibt es noch ganz andere Lösungen dafür? Es handelt sich schließlich nach wie vor um eine der besten Orte in der Stadt: zentral gelegen und gut sichtbar.

Vom Warenhaus zum „Haus des Wissens“
Ein breites Achsenmaß, großzügige Geschosshöhen und weitläufige Räumlichkeiten kennzeichnen den Aufbau dieser ehemaligen Warenhäuser. So verhält es sich auch mit der Hudson’s Bay Dependance in Den Haag, die eine Fluroberfläche von 35.000 m² hat, wovon ca. 20.000 m² auf eine neue Bestimmung warten. Und mittlerweile ist diese auch gefunden : die Gebäudestruktur passt zu den Anforderungen von Bildungsstätten. CBRE Investment Management, die Stadtverwaltung von  Den Haag und die Universität Leiden haben sich gemeinsam dafür eingesetzt, die Räumlichkeiten der Universität im Herzen der Stadt unterzubringen. Auch die Technische Universität Delft, die Open Universität und die Universität der Niederlande schlossen sich dem Projekt an.

"Ich bin sehr glücklich über diesen Schritt, der dazu beiträgt, dass sich Den Haag zur Universitätsstadt entwickelt. Es ist sowohl ein Impuls für die Bildungswirtschaft und schafft zudem neue Arbeitsplätze, was junge, hochgebildete Menschen in die Stadt zieht."
Anne Mulder, Stadtrat für Stadtentwicklung der Stadt Den Haag

Die Möglichkeit, um dieses spezielle Erbgut umwandeln zu können, ist ein wahrer Gewinn, sowohl für die zukünftigen Nutzer des Gebäudes, als auch für die Stadt Den Haag. Das ehemalige Warenhaus unterstützt die neue Funktionen des Gebäudes als Bildungseinrichtung optimal. Der Standpunkt, direkt an der Einkaufsstraße Spui gelegen, ist ideal für die Studenten der Universität Leiden – er liegt auf Laufabstand zu den andern Fakultäten in der Stadt, die zusammen den Campus Den Haag formen. Eine solche universitäre Umgebung belebt die Stadt, auch zu Tageszeiten, an denen die Geschäfte bereits geschlossen haben. Das Gebäude beherbergt nämlich auch Fazilitäten für Sport und Verpflegung für Studenten und Mitarbeiter der Universität.

Ein Stückchen Geschichte
Der Ort hat eine reiche Geschichte. Das am Spui gelegene Gebäude stammt aus dem Jahre 1930 und wurde von dem damaligen V&D-Architekten Jan Kuijt entworfen. Er vereinte in dem Entwurf den sachlichen Expressionismus mit der Amsterdamer Schule. Die charakteristischen Pilzstützen und Kassettendecken stammen aus dieser Zeit. Immer wieder durchlebte das Gebäude mehrere Metamorphosen, die sich jeweils an den zu der Zeit vorherrschenden Trends für die Architektur kommerzieller Gebäude orientierten: so fand in den 50er Jahren eine Modernisierung der Inneneinrichtung statt, wurde 1964 das Warenhaus erweitert, nur um in den 70er Jahren wieder verkleinert zu werden. Die letzten Änderungen wurden 2018 vorgenommen, um das Gebäude für die Nutzung von Hudson’s Bay auszurüsten. 

Geschichte und Zukunft treffen aufeinander
Der Entwurf der Umgestaltung des Gebäudes für CBRE Investment Management stammt von LIAG Architekten und Baumanagement. JHK Architekten arbeitet im Auftrag der Universität Leiden zusammen mit weitere Parteien, die ebenfalls an der Ausarbeitung der Innenraumgestaltung beteiligt sind. Damit beginnt ein neues Kapitel für das leerstehende Warenhaus. Die Gebäudestruktur eignet sich sowohl für die Wiederverwendung, als auch für die Erweiterung und beabsichtigte Funktionsänderung des Gebäudes gut. Das Ziel ist deutlich: es sollen sowohl verschiedene Bauteile und Zeitepochen zusammengebracht werden, als auch ein Gebäude realisiert werden, das respektvoll mit seiner Geschichte umgeht und zugleich zukunftsweisend ist.

Das bestehende Fassadenbild ist ein reines Durcheinander, wodurch zweierlei Interventionen notwendig werden. Zum einen soll die ehemalige monumentale Fassade mit dem Eingangsgebiet am Spui in seiner alten Glorie wiederhergestellt werden. Schon bald wird hier ein neuer Name über dem Haupteingang prunken, durch den dann an die 40.000 Studierenden und Mitarbeiter der Universität das Gebäude betreten – genauso wie die Öffentlichkeit früher das Warenhaus betrat. Zum anderen soll die Fassade an der Spuistraße und zum Großen Markt mit einem gleichmäßigen Rhythmus von Öffnungen versehen werden. Die Fensterfronten sollen nicht länger die Wahre, sondern die neue Gebäudefunktion zur Schau stellen. Und umgekehrt wird das Haager Profil nach Innen gebracht – von hier hat man Aussicht auf Gebäude, die Den Haag zur Stadt von Frienden, Recht und Sicherheit machen.

"Die Fassade am Spui ist als Reichsmonument ausgewiesen. Ihr Erscheinungsbild kennzeichnet sich durch ein Sockelgeschoss aus Granit, rund gemauerten Wandflächen, langförmigen vertikalen Fensterparteien, einem turmförmigen Akzent und verschiedenen Bildhauerkunstwerken. Wir wollen diese Fassade beibehalten und positionieren hier den Haupteingang. Bei Transformation handelt es sich um Maßarbeit. Hierfür muss eine ausführliche Analyse zu Grunde liegen, um eine geeignete Verbindung von Geschichte und Zukunft schaffen zu können. Diese Anpassungen stellen das Gebäude ins Rampenlicht und erhöhen die Attraktivität der direkte Umgebung."
Thomas Bögl, Architekt und Partner bei LIAG Architekten und Baumanagement

Wir verweisen immer wieder auf die Geschichte – auch im Inneren des Gebäudes. Obwohl das Gebäude dem Bürger nicht mehr das Einkaufen so attraktiv wie möglich erscheinen lässt, soll es dennoch ein Ort sein, an dem sich Studierende und Mitarbeiter der Universität gerne aufhalten. Eine einladende Route leitet sie nämlich entlang der Hörsäle, weiter zur Mensa, hin zu einer Vielzahl von verschiedenen Lern- und Arbeitsplätzen. Im Vorbeigehen können sie Blicke auf die Einkaufsstraße oder den Dachgarten erhaschen. Wenn sie auf der letzten Etage angekommen sind, erwartet sie hier eine Belohnung: eine wunderbare Aussicht von der Dachterrasse auf den Innenhof.

"In der Gestaltung des Innenraumes probieren wir eine Verbindung zwischen dem historischen Charme des originalen Gebäudes und den Anforderungen für die neue Verwendung zu schaffen. Mit einem augenzwinkernden Verweis zur ehemaligen Pracht des Warenhauses bieten wir eine interessante und stimulierende Umgebung für Studierende und Mitarbeiter der Universität, die gerne an diesen Ort kommen sollen um sich hier aufzuhalten. Ein Beispiel ist der Eingangsbereich: Hier haben wir uns für einen Granitboden entschieden. Die Haupttreppe, die den Anfang der Route durch das Gebäude markiert, bekleiden wir mit dunklem Holz. Zudem lassen wir die die Stützen und Balken im Gebäude in Sicht. Darüber hinaus verwenden wir auch Armaturen, die dem Stil der Zeit entsprechen, in der das originale Gebäude entworfen wurde."
Peter Hagelaar, Architekt bei JHK Architecten

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